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ProWein 2011 Fazit

–         Die guten Winzer machen weiterhin guten Wein.

–         Spätburgunder ist eine Diva: Entweder rattenscharf oder eine dumme Kuh!

–         In Graubünden gibt es leckeren Spätburgunder – nicht nur von Gantenbeins.

–         Es muss mehr türkischer Wein getrunken werden.

–         Ich muss mehr Trollinger oder Vernatsch trinken.

–         Deutsche Spätburgunderstilistik ist besser als ihr Ruf.

–         Der Monte Bello ist so gut wie sein Ruf.

–         Oregon hat noch gar keinen Ruf.

So, das war’s. Bis nächstes Jahr.

Nimmt mich dann mal bitte ein Frankreichkenner mit auf ne Proberunde durch die Frankreichhalle!?

ProWein 2011 (13)

Natürlich war ich auch in der Heimat, der Pfalz. Das brachte mich zum Weingut von Alexander Pflüger aus Bad Dürkheim. Alex Pflüger hat erst vor Kurzem das Weingut von seinem Vater übernommen. Er arbeitet biodynamisch und ist seit diesem Jahr Mitglied bei den „Jungen Talenten“ des VDP – Pfalz. Ich hatte mich durch einen Teil seines Sortiments probiert. Spaß gemacht hatten alle Weine. Darunter der 2010 Weißburgunder Kabinett trocken (angenehm gefällig), der 2010 Chardonnay QbA trocken (leichter Vertreter mit spürbarer Säure) und der 2010 Riesling Kabinett trocken „Dürkheimer Hochbenn“(schöne Säure, schlank und fruchtig). Richtig ernst wurde es dann mit dem 2009 Riesling Spätlese trocken „Dürkheimer Michelsberg“ Alte Reben – schöne, fruchtige 2009er Nase mit Birne, rotem Apfel und Pfirsich und einer attraktiven Restsüße, die von zarten Gerbstoffen begleitet wurde. Ein kräftiger und attraktiver Wein. Der 2009 Merlot trocken aus dem Barrique verbindet auf elegante Weise rote, reife Fruchtaromen mit eher Grünlichen. Im Mund verbreitet er kräftige, reichhaltige Frucht, die aber durch ein paar Jahre Lagerung noch gezähmt werden will.

Pflüger 2009 Michelsberg

Zuletzt probierte ich noch den 2009 Spätburgunder trocken „vom Kieselstein“. Er bietet viel Frucht in der Nase – Heidelbeere, Brombeere und Kirsche, mit sehr dezentem, feinem Holz. Am Gaumen wirkt er zuerst etwas hitzig, aber auch mineralisch mit passender Säure. Er bleibt elegant. Wird aber auch von ein paar Jahren Reife noch profitieren. Schön, hier passiert noch was!

Ein Besuch beim Weingut Ökonomierat Rebholz in Siebeldingen durfte nicht fehlen. Probieren wollte ich vor allem die 2010er. In diesem Jahrgang war der Winzer gefragt. Botrytistrauben, zum Teil hohe Säurewerte, aber trotzdem ein Jahr, dass die Beeren ausreifen lies, wenn man sie lies (schöner Satz!). Und wenn man weiß welch großer Selektionsaufwand in diesem Weingut betrieben wird, dann kann man mit viel Spannung spannende Weine verkosten. Alle 2010er waren noch Fassproben, zum Teil ganz leicht Hefetrüb.

2010 Weißburgunder (Kabinett) trocken – Von Kabinett und Leichtigkeit keine Spur. Ein Maul voll Wein, absolut präsent im Mund, fleischig, mit pikanter Säure.

2010 Grauburgunder „S“ trocken – Rauchig, speckig, Aprikose in der Nase. Perfekte Säure: Genug da, damit der Wein fast schon leicht wirkt, obwohl er viel Schmalz hinter den Ohren hat. Ein Wein der Frucht, Würze, Kraft und Säure perfekt verbindet! (Und ich mag eigentlich gar keine Grauburgunder!)

2010 Riesling (Kabinett) Buntsandstein trocken – viel Schmelz, Saft und Kraft. Man fasst es kaum, wie diese Weine sind, im Vergleich zu anderen Kabinetts aus 2010. Wo kommt dieser viele Geschmack her? Von der späten Lese wegen der hohen Säure? Von der schönen Botrytis, die es in diesem Jahrgang ja gab? Toll!

2010 Riesling „S“ Buntsandstein trocken – NOCH mehr Frucht und Aroma. Und das immer noch fein. Nie zu fett. Tolle Säure, nie zu viel. Ich freu mich, wenn es das alles in der Flasche gibt. Abartig coole Fassproben!

Rebholz 2010 Buntsandstein S

Alte Liebe rostet nicht. 2009 Chardonnay Spätlese trocken „R“ – Die im Barrique ausgebauten Chardonnays von Rebholz sind mit die ersten Weine dieser Art, die ich getrunken habe und sie haben mich von Anfang an fasziniert. Die Kombination von Frucht und kompromisslosem Holzeinsatz, der aber nie zu Lasten der Eleganz geht, ist bis heute prägend für meinen persönlichen Weingeschmack. Und so ist auch der 2009er Chardonnay JETZT SCHON eine Einheit. Hier kann man nicht sagen welche Aromen vom Holz und welche vom Wein kommen. Es herrscht pure Harmonie, mit Kraft und Eleganz. Und wenn man weiß, wie wunderbar solch ein Wein reifen kann, dann weiß man auch, dass er abartig cool ist, ohne jeden Zweifel!

Rebholz 2009 Chardonnay

ProWein 2011 (12)

Es bot sich an diesem Tag auch die Möglichkeit beim Weingut J.B.Becker, aus Walluf (auch im Rheingau) ein paar Weine zu probieren. Schon länger hatte ich das vor, denn der Betrieb ist dafür bekannt, Rieslinge im traditionellen Stil herzustellen. Das bedeutet: großes Holzfass, Spontangärung, späte Füllung – und somit, wenn man im Weinberg alles richtig gemacht hat, auch ein langes Leben in der Flasche. Dass das Weingut keine Website und die fruchtsüßen Weine immer ein paar Gramm Restzucker weniger, als man es heute gewohnt ist, haben, passt da nur bestens zur angenehmen fuck you – Attitüde des Inhabers Hans-Josef Beckers. Dass der macht was er will und sich, wenn es um seinen Wein geht, nicht verbiegen lässt, ist äußerst „Spaß machend“!  Und so waren es auch die Weine:

J.B. Becker

2009 Riesling QbA Wallufer Berg Bildstock trocken: Im Geruch viel Aprikose und Blüten, im Mund ausgewogen, mineralisch mit einer feinen, traditionellen Holzfasswürze. Ein klassischer, strenger Stil, der keine überbordende Frucht zulässt, aber trotzdem Trinkfreude bereitet.

2009 Riesling Wallufer Walkenberg Auslese „Alte Reben“ trocken. Ich kenne noch einen, der „Auslese trocken“ bei seinen besten Lagenrieslingen, gleicher Herstellungsart aufs Etikett schreibt. Kennen Sie den auch!? Dieser hier bietet einen eleganten Duft nach reifen Trauben (!!!) und Aprikosen und auch am Gaumen schmeckt man viel reife Frucht, auch Exotik. Immer im zurückhaltenden, strengen Stil. Das macht viel viel Spaß und den 94er Weinen, die man auch verkosten konnte, nach zu urteilen, wird das auch irgendwann mal abartig cool werden!

Dem in nichts nach stehen die Spätburgunder aus dem gleichen Hause. Der 2001 Wallufer Walkenberg QbA trocken riecht nach einer feinen Melange (das Wort fiel mir spontan beim Probieren ein) aus Waldboden und knackigen Kirschen. Im Mund hatte er eine klar spürbare Säure und ansprechende Tannine. Auch dieser Wein ist geprägt von strengem, zurückhaltendem Stil. Nicht fett, nicht anbiedernd. Übrigens lagerte er 3,5 Jahre im großen Holzfass! Ein wilder Kamerad ist dagegen der 2007 Wallufer Walkenberg Spätburgunder Spätlese trocken „Alte Reben“. Erdig, fast „moorig“, Heidelbeeren und ungewöhnliche Würze sind die Eindrücke, die den Geruch des Weines prägen. Diese Würze bleibt auch im Mund erhalten und drückt sich aus durch Aromen von Liebstöckel (ja – Maggi!!!), Kräutersuppe und wieder erdigen Tönen, kombiniert mit feinem Tannin. Tja, das ist für Profis – oder besser, für Leute die warten können. Der gute Herr Becker hat auch abgewunken und gesagt: „Der ist viel zu jung, das kann man ja jetzt noch gar nicht trinken, ich hab ihn halt einfach mal mitgenommen“. Abgefahren! Ein Weingut, von dem man froh sein kann, dass es sowas (noch) gibt!

ProWein 2011 (11)

Der nächste (und an diesem Tag letzte) Abstecher führte mich ins Rheingau. Der „Rheingau“ Gemeinschaftsstand hat ein prima Gadget, nämlich eine „Erste Gewächse“ Bar mit Selbstbedienung. Da kann man in Ruhe viele Erste Gewächse eines Jahrgangs probieren – Den Unterschied zwischen „Ersten Gewächsen“ und „Großen Gewächsen“ kennt jeder? Also ich erklär das hier nicht!  So angenehm diese Art der Verkostung ist, so hat sie doch leider auch ihre Auswüchse. Immer wenn es recht ordentliche Sachen unkontrolliert zur Probe gibt, gibt es auch unkontrollierte Probierer. Als ich zur Bar kam, musste sich die arme Rheingauer Weinkönigin mit zwei Assis abgeben, die in bereits beachtlichen Winkeln über der Kühltheke hingen. Ach Mensch, auf einer Fachbesuchermesse, da darf das ein paar Schülern mal passieren, dass die die Sauferei nicht im Griff haben, aber erwachsenen Leuten. Da wünscht man sich für die fleißigen Weinköniginnen schon mal die Lizenz zum Beleidigen und mit Arschtritt Rausschmeißen! Während sich also die zwei Eierköpfe noch über die körperlichen Vorzüge der gerade entschwebenden Königin unterhalten, probierte ich die ersten Ersten Gewächse. Vorweg: In den letzten Jahren habe ich fast immer an dieser Theke einige Weine bunt durcheinander probiert, aber so richtig vom Hocker gerissen hat mich nicht alles. Ohne Frage, die Weine waren in aller Regel gut, aber wenn das die Spitze der trockenen Rieslinge des Gebietes sein soll, dann könnten einige noch eine Schippe drauflegen. Noch mal vorweg: Die halbtrockenen E.G.s mag ich gar nicht. Das liegt aber sicherlich an meinen persönlichen Vorlieben: Wenn halbtrocken, dann bitte leicht. Ach ja, E.G.s dürfen nämlich bis zu 13g/L Restzucker haben. Viel Spaß gemacht hatten mir heuer diese da:

2009 Weingut Spreitzer, Hattenheimer Wisselbrunnen – Zurückhaltender Duft nach sehr reifer Frucht wie Quitte und Aprikose. Im Mund cremig mit milder Säure, viel reife Birne, hefig, fast briocheartig und süßlich. Sehr schmackhaft und lecker. Alkohol perfekt integriert.

Spreitzer 2009 Wisselbrunnen

2009 Weingut Prinz von Hessen, Winkeler Hasensprung – Sehr reife, gefällige Pfirsichfrucht, rund im Mund und gefällig. Vor ein paar Wochen hatte ich das 2009 „Dachsfilet“ des Weingutes probiert und es erschien mir etwas wilder und komplexer,  aber es war auch spröder und unnahbarer als dieser Wein hier.

2009 August Kesseler, Rüdesheimer Berg Roseneck – Traubige Frucht, fein und elegant, mineralisch und lang. Ein mustergültiger Riesling, der nicht zu dünn aber auch nicht zu fett ist und eben genau so schmeckt wie man sich einen Rheingauer Riesling wünscht. Wahrscheinlich war das auch der Teuerste in der Runde!

Ein paar Spätburgunder, welche auch zu „Ersten Gewächsen“ vinifiziert werden dürfen, waren zu finden. Darunter 2008 Weingut Chat Sauvage, Johannisberger Hölle und Assmannshäuser Höllenberg. Beide waren in einem eleganten und zurückhaltenden Stil, ohne dass sie irgendwie blass wirken würden.

Chat Sauvage 2008

Außerdem noch ein 2008 Weingut Künstler, Hochheimer Reichestal. Der war sehr fein und zurückhaltend, hatte aber auch diese erdige Würze, die ich an diesem Tag schon ein paar mal in den feinsten Spätburgundern gefunden hatte.

Künstler 2008 Reichestal

Warum meine Notizen zu diesen Weinen so spärlich sind? – Es war eben schon kurz vor 6, am Ende eines langen Verkostungstages und so konnte ich nur recht schnell ein paar der Weine probieren. Deshalb ist dieser erste Erste Gewächs- Artikel auf keinen Fall vollständig. Aber die Weine die ich hier genannt habe bekommen auf jeden Fall das „Macht Spaß“ Siegel. Beim Kesseler’schen Riesling bin ich mir nicht sicher, ob dass nicht sogar mehr sein müsste.

ProWein 2011 (10)

Einen ungeplanten Abstecher nach Württemberg machte ich bei der Gruppe „Junges Schwaben“ – Was machen die eigentlich in zehn Jahren? Da sind die nicht mehr so jung. Also jedenfalls eiere ich so durch die Gegend, als ich plötzlich jemand treffe, den ich entfernt kenne, der jemand kennt, der jemanden kennt. Wir kommen so ins Gespräch, der Bekannte des Bekannten des Jemanden hat schon etwas viel probiert und etwas wenig gespuckt (toi toi toi, das passiert mir nicht mehr!) und sagt plötzlich: „Oah, probier mal bei dem die Rieslinge, die sind so schlecht!“ Moment mal. Was ist denn das? Will er mir Böses? Warum sollte ich denn was probieren was nicht gut ist? Das ist doch Quatsch. Ich will dass mir jemand was empfiehlt, was super ist, nichts Schlechtes. Dann hat er sich noch an dem entsprechenden Stand reingedrängelt und die freundliche junge Frau nicht gerade freundlich aufgefordert mal noch ein Glas zu reichen. Jedenfalls hab’ ich dann das Glas, darin einen Riesling aus 2009, rieche daran und denke: “Geil!“ Eine schöne mineralische Spontinase springt mir entgegen. Noten von Feuerstein und gärender Hefe, ein ganz trockener Wein, mit hintergründigen Gerbstoffen. Ein naturbelassener Riesling, schmeckbar aus bestem Lesegut und mutig vinifiziert. Das kommt aus Schwaben? Ja, vom Weingut Beurer aus Kernen bei Stetten im Remstal. Der Wein: 2009 Riesling trocken „Kieselsandstein“ aus dem Stettener Pulvermächer. Wow! Das musste ich natürlich auch dem Bekannten des Jemanden…Sie wissen schon… klar machen. Ich kann ja verstehen, wenn man keine typischen Spontis mag, wenn man eben auf richtig klare, fruchtige Weine steht. Das ist OK, aber man könnte doch bitte Qualität von Stil unterscheiden. Vor allem, wenn man Profi ist, bzw. sein will. Und wenn das nicht gelingt, dann sollte man einfach davon absehen, Berufskollegen schlecht machen zu wollen. Auf jeden Fall war die Aktion scheiße. Um so besser fand ich die Weine von den Beurers. Der nächste Wein war dann der 2009 Riesling trocken „Junges Schwaben“ – jedes Mitglied der Gruppe bereitet einen Wein, der für das Gut typisch ist und qualitativ heraussticht , dieser bekommt dann eben den Namen „Junges Schwaben“ – jedenfalls war der Wein kräftig, rund, fast schon burgunderartig, mit hefigen Noten. Im großen Holzfass gereift. Ich war sehr angetan und sagte zur (ich nehme mal an) Frau Beurer, dass ich den Wein mag und so was bestimmt toll altern kann. Nur um ein paar Sekunden später den gleichen Wein aus dem Jahrgang 1999 aus der Magnumflasche im Glas zu haben. Das nenn ich mal cool! Der 1999 Riesling trocken „Kieselsandstein“ (auch im Holzfass ausgebaut) war schön gereift, roch nach viel Quitte und Birne. Vielleicht hatte er kein supervielschichtiges Aromenspiel mehr, aber er stand klar, geradlinig und fokussiert im Glas. Toll, so schön kann trockener Riesling reifen.

Beurer 2009 Riesling Junges Schwaben

Zum Schluss habe ich noch den 2010 Riesling „Gipskeuper“ als Fassprobe probiert. Der hatte eine schöne „kalkige“ Nase zu bieten, typisch mit viel reifen Aprikosen und Zitrusfrüchten. So, das waren also die „schlechten“ Rieslinge. Tss, ich fand sie alle saugut!

Nebenan habe ich noch beim Weingut Zipf aus Löwenstein den 2010 Kerner trocken mit *** probiert. Und der kann was. Viel viel gelbe Frucht wie Mirabelle und schön lang im Mund. Da kann man den Burgunder auch mal im Keller lassen. Kerner olé olé!

ProWein 2011 (9)

Mehr schweizer Wein gab es im Wallis. Zuerst beim Weingut Rouvinez. Ein moderner, sehr zuverlässiger Betrieb, wo klare und schmackhafte Weine erzeugt werden:

2009 Fendant AOC – Duftet nach Butterbirne, cremig und weich, sehr milde Säure. Tja, so sind sie, die Gutedel aus dem Wallis. Normalerweise muss man sich damit erst mal warm trinken. Aber dann machen sie Spaß!

2009 Petite Arvine „Château Lichten“ – Petite Arvine ist eine autochthone Rebsorte im Wallis und sie bringt Weine mit etwas mehr Säure hervor („mehr“ ist hier relativ zu sehen!), denen man eine gewisse Salzigkeit nachsagt. Dieser hier roch dezent nach Apfel und Birne, hatte auch diese feine Säure, aber ich hätte mir noch dazu etwas Kohlensäure gewünscht. Elegant war das aber auch so.

Rouvinez 2009 Petite Arvine

2009 Pinot Noir „Colline de Géronde“ – Dunkle Früchte (Brombeere), eigenwillige Mineralik mit rauchiger Note, aber ohne neues Holz (da haben die Walliser scheinbar nicht so viel Bock drauf !). Schöner Wein. (Die haben das so, sehr ähnlich auf ihrer Website stehen – ich hab’s nicht abgeschrieben, ganz ehrlich!)

2008 Humagne Rouge „Árdevaz“ – Heidelbeere, weich und Rund, gut trinkbar, im Mund Noten von Waldboden, feine Tannine.

200ja, Zweitausendundwas war es eigentlich noch mal? – Jedenfalls „Château Lichten Rouge“ – Cuvée aus Cornalin, Humagne rouge und Syrah. Von den verkosteten Weinen der „fetteste“ und somit in meinen Augen auch der internationalste, aber auch ohne Holzeinsatz. Viel reife, dunkle Frucht.

Klare Sache, alle Weine aus diesem Betrieb haben richtig Spaß gemacht und werden dem Ruf des Gutes gerecht.

Nebenan am gleichen Stand habe ich noch zwei Weine von „Caves Imesch“ probiert: Einen 2009 Cornalin „Soleil d’Or“, der mich frappierend an einen guten Dornfelder erinnerte und einen 2008 Heida „Soleil d’Or“. Dieser ist gemacht aus der Rebsorte „Savagnin“, das ist die Sorte, aus der im Jura der „Vin Jaune“ erzeugt wird, nur eben nicht so oxidativ ausgebaut wie dort. Jedenfalls hatte der Heida schöne Aromen von reifer Birne zu bieten. Im Mund war er frisch, trotz der zurückhaltenden Säure. Ein feiner und eleganter Wein.

Zusammengefasst muss ich ja schon zugeben, dass mir als Deutschweißweintrinker, die Walliser Weißweine oft ein bisschen zu wenig Säure (und auch Kohlensäure) haben. Ich weiß aber auch, dass das nach kurzer Eingewöhnungsphase (am besten vor Ort, da ist es nämlich wunderschön) verfliegt. Für Liebhaber säuremilder Weine sind diese Tröpfchen absolut empfehlenswert. Und die Roten, die in aller Regel ohne Holzeinsatz erzeugt werden, sind angenehm anders als die meisten Anderen, die man so kennt. Das macht Spaß!

ProWein 2011 (8)

Pinot Noir aus Graubünden

Da denkt jeder gleich an das Weingut Gantenbein. Für mich als Pfälzer immer für einen Lacher gut, wenn ich auf dem Etikett lese: „Spätburgunder aus Fläsch“. Ok, jeder hat davon gehört, auf der ProWein konnte man die gantenbeinschen Weine probieren. Es gibt nur Pinot Noir und Chardonnay (mit Holz). Und ja, beide werden ihrem Ruf vollauf gerecht. Aber ich möchte etwas ganz Anderes erwähnen. Nämlich, dass der Herr Gantenbein seinen Stand außerordentlich gut im Griff gehabt hat, dafür gesorgt hat, dass jeder Besucher in einer angemessenen Zeit einen Schluck Wein bekam und dabei äußerst freundlich, ruhig und zurückhaltend blieb. Das schafft nicht jeder. Ganz im Gegenteil, je besser der Winzer, um so schlechter scheint er seinen Stand im Griff zu haben. Bei manchen musste man ewig warten und durch auf und ab springen auf sich aufmerksam machen – bis der Nachbar sich dann erbarmt hat und für den Kollegen ausgeschenkt hat. (Habe ich erwähnt, dass die 2009er H. von D. großartig schmeckt!?) Manche schaffen es noch nicht mal Personal einzustellen, dass die Probierer im Auge hat, wenn sie es schon selbst nicht schaffen. Die sollten alle mal hinter einem Büffet stehen und für 200 russische Matrosen Filet Wellington aufschneiden, damit sie wissen wie das zu laufen hat! Ach das hab ich gerne gemacht: Filet Wellington UND Wein für den Chefe ausschenken. – Zurück zu Gantenbein. So wie der hinter seiner Theke war, genau so sind auch die Weine. Da stimmt einfach alles. Aber es ist grob falsch und vor allem zu teuer, nur auf die Gantenbeins zu gucken. In Graubünden (und Chur) gibt es nämlich mehr Spätburgunder, und der ist mindestens genauso gut! Probiert habe ich die am Gemeinschaftsstand der Gruppe „Pinot R(h)ein“:

Pinot R h ein

Hansruedi Adank, 2009 Pinot Noir Auslese „Fläsch“ – Intensiver Tabak und Rauchgeruch, sehr erdig und würzig im Mund mit zarten Tanninen. Sehr eigenwilliger Stil, übrigens ohne neues Holz. Macht viel Spaß!

Hanspeter Lampert, 2009 Pinot Noir Sélection – zarte Frucht mit Tabaknoten und Leder. Kaum Holz spürbar, leichte Schärfe, lang, saftig und lecker. Aber die Ausstattung!

Familie Liesch, 2009 Pinot Noir Auslese „Malans“ – feine Kirsch und Tabaknoten, sehr geradlinig in Duft und Geschmack, elegante Tannine, alles auf den Punkt gebracht! Spaß, Spaß!

Zum Schluss habe ich noch den „Gruppenwein“ probiert, der „Pinot R(h)ein“. Ich rätsle nur gerade welcher Jahrgang das war. Hm… vielleicht 2008? Jedenfalls war es der strahlendste und fruchtigste, der Weine die ich probiert habe. Klar, der hat auch viel Spaß gemacht. Nicht probiert habe ich den Pinot vom Weingut „Cicero“ des Herrn Mattmann. Zweifelsohne, alle Weine waren extrem gut und hatten ihren ganz eigenen Stil. Prima!

ProWein 2011 (7)

Südtirol

Es ist ja schon so, dass man sich mit bestimmten Weinstilen aus bestimmten Gegenden erst mal warmtrinken muss. So tue ich mir immer etwas schwer, wenn ich die säurearmen Weißweine, vor allem Fendants, aus dem Wallis probiere. Umgekehrt wird sich ein walliser Weinliebhaber mit einem 2008er Riesling von der Mosel schwer tun. Aber was ich bis heute noch nicht verstanden habe ist, dass ich bei den südtiroler Weinen eigentlich immer die Roten bevorzuge. Dabei bin ich Weißweintrinker. Und das geht nicht nur mir so, sondern auch anderen Kollegen. Komisch, oder!?

Castel Sallegg, 2007 Lagrein Riserva – Dunkle Früchte, mineralischer „Eisenduft“, typische südtiroler Säure, mittlere, feine Tannine, elegant und zart, mustergültiger Südtiroler.

Sallegg 2007 Lagrein R

Castell Sallegg 2007 Merlot Riserva – Reife Frucht, etwas grünlich (positiv gemeint!) typischer Merlotduft. Etwas scharf am Gaumen (Alkohol und Säure?), trotzdem sehr fein und elegant, mit kräftigen Tanninen.

Wir haben noch den Goldmuskateller vom Castel Sallegg probiert und der war auch lecker. Aber irgendwie feiern die südtiroler Rotweine doch die wildere Party in meinem Mund.

Manincor – Das ist das Weingut, für welches man ein Loch in den Boden gegraben hat, die Kellerei reingebaut und dann den Grund wieder obendrauf geschüttet hat – inklusive Weinberg. Und wenn man sich die Homepage anguckt, dann sieht man ein Foto vom Michael Graf Goëss-Enzenberg und seiner Frau, wie sie grade auf die Rechnung für den Neubau geguckt hat. Wie auch immer, das ist ein richtiger Vorzeigebetrieb. Schön!

2010 Rosé du Manincor – schöne Frucht, kräftige Tannine, braucht was zum Essen !

2009 Pinot Nero „Mason“ – „zartes Früchtchen“, rote Beeren, vor allem Himbeere, dezent und elegant. Man bekommt ja fast Angst um ihn, so zart ist der!

2010 Kalterer See „Keil“ Vernatsch – Ja, das ist Trollinger und ich find es eine coole Rebsorte. Da werd ich mir in nächster Zeit mal ein paar Schwaben bestellen… ich schweife ab. Feiner Beerenduft, zart und angenehm, da braucht’s den Rosé nicht mehr!

2009 Lagrein „Rubatsch“ – Dunkle Früchte, zurückhaltendes Holz, welches im Mund mehr zur Geltung kommt. Schöne, feine Säure.

Manincor 2009 Lagrein

2007 „Castell Campan“ Merlot mit etwas Cabernet Franc und Kram – Ein absoluter Spitzenwein des Gutes, der nur in besonderen Jahren gemacht wird. Und der war auch saulecker, aber eben auch fett und dicht, und gar nicht so typisch südtirolerisch.

Muss ich noch extra schreiben, dass alle südtiroler Weine so richtig viel Spaß gemacht haben? Ach und was mir bei Manincor auch noch aufgefallen ist (gerade jetzt, bei der Nachrecherche), dass jeder Wein, und das sind nicht wenige, seinen ganz eigenen Namen hat, der auch auf dem Etikett groß zu lesen ist. Dadurch verwechselt man nichts. Schöne Sache, wenn die Leute mitdenken!